Der 39-jährige Christian L. sitzt auf der Anklagebank. Er trägt eine Jeans, ein schwarzes Hemd und weiße Sneakers. Er sitzt lässig da, als wäre er nicht wirklich beteiligt, am Angang huscht ihm ein Lächeln über die Lippen. Immer wieder beobachtet er das Publikum. Seine Lebensgefährtin Michaela B. versucht an den Fotografen vorbei zu schleichen. Sie ist 48 Jahre alt und sieht müde aus, ein Teil ihrer Haare ist ausgefallen. Der Zuschauerraum ist gut gefüllt.
Fast 60 Fälle von Vergewaltigung und Zwangsprostitution werden den beiden vorgeworfen. Auch sollen sie ein dreijähriges behindertes Mädchen aus dem Bekanntenkreis sexuell missbraucht haben. Als das Mädchen im Kindergarten aufffällig wurde , wurde es dem Paar offenbar zu heiß und hörte auf.
Die Anklageschrift wurde in über 3 Stunden verlesen. Sie beinhaltet über 100 Seiten. Die in ihr geschilderten Details sind widerlich, abstoßend und ekelerregend. Die daraus emporkriechende Kälte, die Grausamkeit und vollkommene Nichtachtung des kleinen Jungen durch die Täter machen sprachlos. Der Junge wird, so die Anklage weiter, mit harschen Worten wie «Halt die Fresse» eingeschüchtert und gefügig gemacht, er wird mit üblen Schimpfwörtern belegt. Er wird auf gedemütigt, erniedrigt und bedroht, er wird geschlagen und verächtlich gemacht. Einmal muss er nackt ein Schild in die Höhe halten für einen Kunden mit der Aufschrift: «Hallo». Die Mutter soll die Täter mitunter angefeuert haben. Der Junge leidet Schmerzen, er hat Angst, er muss Strumpfmasken, Handschellen, eine Sturmhaube tragen. Die Fantasie der Verdächtigen ist so unerschöpflich wie die Taten unfassbar. Neben dem Publikum haben auch im Saal anwesende Gerichtsbedienstete Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen.
Die großen körperlichen Schmerzen des Jungen, sein offensichtlicher Ekel bis hin zum Brechreiz, seine Abwehr und Panik - all das interessiert die Täter nicht im Geringsten. Auf Filmaufnahmen, so liest es die Staatsanwaltschaft weiter vor, ist zu sehen, wie das sich sträubende Kind festgehalten wird, wie es geschlagen, unterworfen und gezwungen wird: Das zu tun, was Mutter und Männer wollen.
Am Nachmittag äußerte sich Christian L. Er berichtet mit leiernder Stimme über seine angeblich desolate Kindheit, wechselnde Beziehungen zu Frauen und erste Kontakte mit der pädokriminellen Szene, erste Taten. Er selbst sei bei einer Vergewaltigung gezeugt und als Kind auch missbraucht worden.Am Anfang sei die Mutter nicht begeistert gewesen vom Missbrauch, sagt der 39-Jährige. «Aber dann hatte sie Angst, dass ich sie verlasse.»
Der Junge wird in dem Prozess nicht aussagen müssen, heißt es. Er lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie. «Er bemüht sich in seinem neuen Leben, ohne Gewalt und sexuellen Missbrauch Tritt zu fassen», erzählt Staatsanwältin Nikola Novak. Kontakt zu seiner Mutter oder deren Lebensgefährten habe er, seit die beiden im vergangenen Herbst festgenommen wurden, nicht mehr.
Wie es dazu kommen konnte, dass das Kind nach ersten Hinweisen zwar vorübergehend aus der Familie herausgenommen wurde, später aber wieder zur Mutter zurückkam, wird das Gericht nicht klären können. Die Behörden wollen ihre fatale Fehleinschätzung auf lokaler Ebene untersuchen. Auf Ebene des Landes soll einen Arbeitsgruppe den Fall aufarbeiten. Christian L. bezeichnete sich im Darknet als "geiler Daddy", so die Staatsanwaltschaft. Die Vergewaltigungen sollen unter anderem in der Wohnung der Mutter in Staufen, in Ferienwohnungen und im Freien durchgeführt worden sein. Dem Jungen soll Schweigegeld gegeben worden sein. Auch Geschenke wie ein Laptop, eine Spielekonsole oder ein Besuch im Europapark soll ihm geschenkt worden sein. Außerdem soll ihm gedroht worden sein, dass er ins Heim kommt, wenn er bei den Vergewaltigungen nicht mitmachen würde. Von den Freiern soll das Paar mehrere Zehntausend Euro erhalten haben.
Der Junge wird in dem Prozess nicht aussagen müssen, heißt es. Er lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie. «Er bemüht sich in seinem neuen Leben, ohne Gewalt und sexuellen Missbrauch Tritt zu fassen», erzählt Staatsanwältin Nikola Novak. Kontakt zu seiner Mutter oder deren Lebensgefährten habe er, seit die beiden im vergangenen Herbst
festgenommen wurden, nicht mehr.
Wie es dazu kommen konnte, dass das Kind nach ersten Hinweisen zwar vorübergehend aus der Familie herausgenommen wurde, später aber wieder zur Mutter zurückkam, wird das Gericht nicht klären können. Die Behörden wollen ihre fatale Fehleinschätzung auf lokaler Ebene untersuchen. Auf Ebene des Landes soll einen Arbeitsgruppe den Fall aufarbeiten.