Neuer OB von Freiburg tritt heute sein Amt an
Der politische Newcomer Martin Horn ist neues Stadtoberhaupt in Freiburg. Er hat Amtsinhaber Dieter Salomon verdrängt, nun beginnt die Arbeit im Rathaus.
Der politische Newcomer Martin Horn ist neues Stadtoberhaupt in Freiburg. Er hat Amtsinhaber Dieter Salomon verdrängt, nun beginnt die Arbeit im Rathaus.
Martin Horn hat erste Bewährungsproben bereits hinter sich. Dabei ist der neue Freiburger Oberbürgermeister noch gar nicht im Amt. Nach seinem Wahlsieg Anfang Mai schlug ihn ein psychisch kranker Mann nieder und verletzte ihn. Weil nun eine Frau
gegen die Wahl klagt, ist Horn vorerst nur «Amtsverweser». Doch der 33-Jährige, nach eigenen Angaben der jüngste Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt, lässt sich davon nicht entmutigen, wie er sagt.
«Ich bin angekommen», sagt der politische Newcomer in Freiburg .Erste Gespräche mit Mitarbeitern im Rathaus und Fraktionen hat er geführt, im Bürgerbüro hat er seine Familie und sich mit neuer Wohnadresse angemeldet. Eine Vier-Zimmer-Wohnung ist es für ihn, seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen kleinen Söhne geworden. Das rund 230 000 Einwohner zählende Freiburg ist nun Horns Heimat: Der parteilose Politik- und Sozialwissenschaftler regiert die viertgrößte Stadt in Baden-Württemberg.
Horn, der aus Rheinland-Pfalz stammt und zuletzt im Rathaus Sindelfingen als Europa- und Entwicklungskoordinator arbeitete, sieht den sozialen Wohnungsbau als seinen politischen Schwerpunkt. «Es fehlt preisgünstiger Wohnraum», sagt er. Davon betroffen seien nicht nur sozial Schwache, sondern weite Teile des Mittelstandes. Hinzu kämen zu hohe Kita-Gebühren und andere finanzielle Belastungen.
In Freiburg als einer der am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands sei dieses Problem besonders groß. «Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit», sagt der Politiker ohne Parteibuch, der im Wahlkampf vor allem von der SPD unterstützt wurde. «Wenn sich eine Familie mit niedrigem oder mittlerem Einkommen keinen passenden Wohnraum mehr leisten kann, weil Mieten und Immobilienpreise unanständig in die Höhe schießen, dann muss Politik gegensteuern.» Dies auf kommunaler Ebene anzugehen, sei sein oberstes Ziel.
Zudem verspricht Horn mehr Bürgernähe sowie einen anderen Politik- und Führungsstil als sein Vorgänger Dieter Salomon. Der 57-Jährige, erster grüner Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt, wollte sich nach 16 Jahren als Stadtoberhaupt eine weitere, acht Jahre dauernde Amtszeit sichern. Doch er fand keine Mehrheit, Horn lag in beiden Wahlgängen deutlich vorn.
Salomon, damals Präsident des Städtetags Baden-Württemberg, wurde abgewählt. Seine Niederlage in der Grünen-Hochburg Freiburg wurde von manchen als Beleg für den Niedergang der Öko-Partei auch auf Bundes- und Landesebene gewertet. Die sonst glücklose SPD verbuchte den Horn-Sieg als großen Erfolg für sich, auch landespolitisch.
Doch Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung in Freiburg warnt davor, die Wahl überregional zu werten. «Es war, wie alle Bürgermeisterwahlen, eine lokale Wahl, die an Persönlichkeiten orientiert war», sagt der Politikwissenschaftler: «Daraus landes- oder bundespolitische Schlussfolgerungen zu ziehen, wäre falsch. Da muss man die Kirche buchstäblich in Freiburg lassen.»
Politiker aller Parteien könnten aus der Freiburger Wahl aber lernen, sagt der Politologe Ulrich Eith von der Albert-Universität Freiburg. Amtsinhaber dürften Gegenkandidaten und Stimmungen in der Bevölkerung nicht unterschätzen. «Diese Gefahr ist größer, je länger Politiker im Amt sind.» Der Wunsch nach Wechsel oder dem Abstrafen der herrschenden Klasse seien große Risiken für Amts- und Mandatsträger. Politiker könnten entgegenwirken, indem sie nahbar und präsent seien.
Horn steht als Stadtoberhaupt am Anfang. Gesundheitlich gehe es ihm wieder gut, er. Der Mann, der ihm nach dem Wahlsieg mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte, ist dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagt. Ein politisches Motiv habe der 54-Jährige nicht gehabt.
Unterdessen prüft das Verwaltungsgericht, ob Horns Sieg rechtmäßig war. Eine Frau, die auch andernorts juristisch gegen Wahlen vorgeht, klagt. Es kann nach Angaben eines Sprechers mehrere Monate dauern, bis die Richter entscheiden. Horn kann so lange ohne Einschränkung arbeiten. Lediglich im Gemeinderat darf er nicht abstimmen. «Ich lasse mir die Freude am Job dadurch nicht nehmen», sagt er. Den altertümlichen Namen «Amtsverweser» jedoch finde er «extrem unschön».