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Löwen- Geschäftsführerin Jennifer Kettemann im Radio Regenbogen- Interview

Hoffen auf das Ende der Durststrecke

Mit welcher Wucht Corona von heute auf morgen alles verändern kann,damit mussten sich die Handballer der Rhein-Neckar Löwen bereits vor wenigen Wochen auseinander setzen. Denn da hatten sich gleich mehrere Spieler, Trainer Martin Schwalb und eine Person aus dem Umfeld der Mannschaft mit dem neuartigen Virus infiziert und somit musste das komplette Team für zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Mittlerweile sind die zehn betroffenen Personen wieder gesund, an sportlichen Wettbewerb ist jedoch noch lange nicht zu denken. Heute stimmten die 36 Vertreter der ersten und zweiten Handball- Bundesliga mehrheitlich für den Abbruch der laufenden Saison. Wir haben mit der Geschäftsführerin der Rhein-Neckar Löwen Jennifer Kettemann über die Entscheidung und die Wertung der aktuellen Runde gesprochen- wollten aber natürlich auch wissen, was dies wirtschaftlich für den Verein bedeutet.

Dass die Saison in der Handball- Bundesliga heute offiziell abgebrochen wurde, war für Jennifer Kettemann nach den Entwicklungen der letzten Wochen und Tage keine große Überraschung, nichts desto trotz findet die Geschäftsführerin des zweifachen Deutschen Meisters diese Entscheidung aus sportlicher Sicht bedauerlich:

Wir leben alle für den sportlichen Wettbewerb, wir leben für diese Emotionen und wollen, dass die Entscheidungen darüber, wie die Saison ausgeht, auf der Platte fallen mit unseren Fans in der Halle. Das fällt jetzt schwer, dass dies nicht der Fall sein wird.

Das Beenden der aktuellen Spielzeit sei jedoch unumgänglich:

Die Gesundheit geht einfach vor und da gibt es auch keine Diskussionen. Deshalb war es die einzige richtige Entscheidung, dass die Saison jetzt abgebrochen werden muss. Und hinter dieser Entscheidung stehen wir auch voll und ganz, auch wenn es jedem von uns weh tut.

Mit Spielern und Mannschaftsverantwortlichen hat die Löwen- Geschäftsführerin in den letzten Wochen in Telefonaten oder Videokonferenzen bereits mehrere Szenarien durchgespielt:

Ich weiß, dass es jeder schade findet, dass es so weit kommen musste. Aber man muss sich auch bewusst machen, dass es momentan wichtigere Dinge gibt und global betrachtet ist der Handball wohl zur Zeit das kleinste Problem, das wir haben.

Die nun abgebrochene Saison wird für die erste und zweite Handball- Bundesliga nach dem sogenannten Quotientenmodell gewertet, dies bedeutet, dass die Anzahl der bislang erreichten Punkte durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt wird. Dadurch ist der THW Kiel errechneter Deutscher Meister, die Löwen beenden die Runde auf Platz fünf und sind damit in der nächsten Runde im internationalen Geschäft dabei.

Ich halte das für eine faire Berechnung, aber das ist für alle Beteiligten schwierig. Ich kann mir kaum vorstellen, dass beim THW Kiel jetzt die Korken knallen. Wir sind natürlich froh, dass wir einen europäischen Startplatz haben, auch weil wir uns schon sehr auf die neue Halle in Heidelberg freuen, in der wir alle internationalen Spiele austragen möchten und es ist schön, dass es so kommen wird- zumindest wie es momentan aussieht.

Festgelegt wurde auch, dass es in dieser Saison keine Absteiger geben wird. Dadurch wird es in der ersten Liga in der nächsten Spielzeit 20 Vereine statt 18 geben. Organisatorisch und von der zusätzlichen Belastung der Spieler sicherlich keine einfachen Voraussetzungen, doch da gibt es für den Handball noch ein größeres Problem:

Es kommt erstmal darauf an, wann die Saison überhaupt beginnen kann. Wir leben nicht wie im Fußball von den großen TV- Geldern, sondern für uns sind andere Einnahmen viel wichtiger z.B. über Zuschauer, deshalb wollen wir möglichst auf Geisterspiele verzichten, oder zumindest die Anzahl der Geisterspiele möglichst gering halten Das hängt aber auch von den Vorgaben der Behörden ab, wie man da weitermacht.

Durch das vorzeitige Beenden der laufenden Saison könnte nun jeder Fan erworbene Tickets für einzelne Heimspiele der Löwen ohne Weiteres zurück geben und sein Geld zurück verlangen. Doch hier hält die Löwenfamilie zusammen:

Wir haben schon viele Rückmeldungen von Fans erhalten, die auf Rückerstattungen verzichten wollen und das dann wie eine Spende sehen, damit der Verein weiter am Leben gehalten wird und durch diese schwere Krise durchgehen kann. Ja, das hat mich doch gerührt, diese ganzen Mails, Briefe und Zusprüche zu lesen. Das hat einem schon geholfen, den ein oder anderen harten Arbeitstag leichter zu überstehen

Zweifelsohne nette Gesten, aber leider geht es um mehr: Die momentane Situation stellt die professionellen Handball- Clubs in der ersten und zweiten Bundesliga nicht nur vor große wirtschaftliche Herausforderungen, sondern bedroht sogar die Existenz:

Bei den Rhein-Neckar Löwen hängt es ganz davon ab, wie schnell wir wieder zur Normalität zurückkehren können und wann es eben wieder Spiele in der SAP Arena geben wird. Und wann dieser Tag X kommen wird, davon hängt eben sehr ab, wie lange wir diese Durststrecke durchhalten werden.

Das ausführliche Interview mit Jennifer Kettemann gibt es zum Nachhören in der aktuellen "Radio Regenbogen Sportplatz"- Podcastfolge.