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Umstrittenes Thema

Darum klären Erzieherinnen dreijährige Kinder auf!

Es ist ein Thema, welches seit Wochen polarisiert: Wie früh sollte man Kinder aufklären? Experten sind der Meinung, dass mit dem Aufklärungsunterricht so früh wie möglich begonnen werden sollte.

Laut polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2016 deutschlandweit mehr als 12.000 Ermittlungs- und Strafverfahren wegen sexuellem Missbrauch von Kindern – jedoch ist die Dunkelziffer deutlich höher. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass in unserem Land rund eine Millionen Kinder von sexuellem Missbrauch betroffen sind. Demnach sitzen in jeder deutschen Schulklasse ein bis zwei Kinder, die sexuell missbraucht wurden. 

Jetzt soll sexuelle Aufklärung Kinder vor Übergriffen schützen: "Kinder sind besser geschützt, wenn sie richtig aufgeklärt werden", sagt Psychologin Uta Troike gegenüber Huffingtonpost.de. Sprich: "Wenn sie gelernt haben, sich selbst zu lieben, ihre kindliche Neugier und Entdeckerfreude zu befriedigen, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, selbstbewusst Nein zu sagen, wenn sie bestimmte Berührungen oder unpassende Nähe nicht mögen."

Sexuelle Aufklärung findet zu spät statt

Das Durchschnittsalter bei Mädchen, welche von sexuellem Missbrauch betroffen sind, liegt zwischen 9 und 11 Jahren, bei Jungs zwischen 10 und 12 Jahren. Dies zeigt eine Statistik des Vereins "Regenbogenwald-Hilfe zur Selbsthilfe". Kinder wissen zu dem Zeitpunkt  des Missbrauchs nicht einmal, was Sex überhaupt ist und gerade darin sehen Experten das Problem. Wie sollen Kinder vor etwas geschützt werden, von dem sie gar nicht wissen, was es ist. 

Hier in Deutschland findet der Sexualunterricht meistens erst in der Grundschule statt, in einigen Bundesländern sogar erst in den weiterführenden Schulen. Von Bundesland zu Bundesland schwanken die Richtlinien. In Sachsen-Anhalt, Bayern, im Saarland, in Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg wird in der Grundschule schon aufgeklärt. Die Aufklärung findet meist fachübergreifend in Biologie, Religion, Deutsch sowie Heimat- und Sachkunde statt.

Aufklärungsunterricht variiert in den Bundesländern sehr stark

In Bayern steht in den ersten beiden Schuljahren die Anatomie des menschlichen Körpers auf dem Lehrplan. Im dritten und vierten Schuljahr lernen die Schüler dann die Geschlechtsmerkmale kennen und wie ein Kind entsteht. Im Saarland ist alles noch ein wenig genauer: Neben dem Basiswissen geht es auch um Rollenbilder in den Medien, Homosexualität und sexuelle Gewalt. In Schleswig-Holstein hingegen  steht in den Grundschulen Sexualunterricht gar nicht auf dem Lehrplan. 
Wichtig – Es handelt es sich bei dem Sexualunterricht an den Grundschulen lediglich um die Grundkenntnisse. Schüler lernen Geschlechtsorgane in einem rein biologischen Rahmen zu benennen, wie ein Kind gezeugt und geboren wird und auch um was es sich bei der Periode und einem Samenerguss handelt. 
 
Wissen ist Macht und schützt vor Missbrauch

Erzieherinnen in München haben beschlossen, schon früh mit den Kindern über ihren Körper zu sprechen.  Außerdem wird auch das Thema Missbrauch angesprochen. Während dieser Aufklärungswoche lernen die Kinder „Nein“ zu sagen und dass sie niemand berühren darf, sofern sie das nicht wollen. So stehen die drei- bis sechsjährigen Kinder in einem Kreis und sagen mit energischer Stimme und ernstem Blick: "Stopp, ich mag das nicht" und symbolisieren mit ausgetrecktem Arm: "Bleib weg von mir!"

Auch die Zahlen zeigen, wie wichtig eine frühe Aufklärung ist. Und das hat auch nichts mit "Frühsexualisierung von Kindern" zu tun, sondern schlicht und ergreifend mit dem Schutz der Kinder.