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Viele Mütter und Väter leiden nach dem Auszug an der Leere im Zuhause

Empty-Nest-Syndrom - wenn die Kinder flügge werden

Plötzlich steht kein dreckiges Geschirr mehr auf der Ablage in der Küche und alles ist da wo es hingehört. Eigentlich genau so, wie man es sich als Mutter immer gewünscht hat. Doch wenn die Kinder ausziehen, wirft das oft einen dunklen Schatten auf die Gefühlslage der Eltern.

Wenn auch das letzte Kind zum Studieren das Haus verlässt, beginnt für viele Eltern - vor allem Mütter - eine schwere Zeit. Die von Psychologen als "Empty-Nest-Syndrom" ("Leeres-Nest-Syndrom") bezeichnete Phase während und kurz nach dem Auszug des Kinders kann genau definiert werden. Einsamkeit, Trauer, Leere, Verlassenheit, Schmerz und Zwiegespaltenheit sorgen für ein emotionales Dilemma.

Gründe für das Empty-Nest-Syndrom

Zum einen bedeutet es das Ende eines langen und intensiven Lebensabschnittes. Die Vergänglichkeit des Lebens wird deutlich. Während das Kind etwas Neues erlebt und sein eigenes Leben auf die Beine stellt, bleiben Eltern meist im gewohnten Umfeld zurück, in dem nun etwas Bedeutendes fehlt. 

Loslassen gehört nicht zu den liebsten Eigenschaften der Menschen. Kein Wunder, dass wir so gerne an jahrelangen Ritualen festhalten - wir fühlen uns sicher und haben das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben. Nun bedeutet es aber loszulassen. Langjährige Gewohnheiten müssen abgelegt werden, viele Situationen im Haushalt sind plötzlich anders. 

Eine Trennung tut weh. Wenn dann sogar das eigene Kind die Heimat verlässt und auf eigenen Beinen stehen will, sich also aus eigenen Stücken von den Eltern trennt, kann das Herz schon mal schmerzen. Auch wenn es einen wichtigen Schritt bedeutet und immer klar war, dass dieser gegangen werden wird, fühlt es sich an, wie Verlassen werden.

Auch wenn die Kinder mittlerweile zu erwachsenen Individuen herangewachsen sind, bleiben sie für die Eltern oft immer die kleinen Schätze, die beschützt werden müssen. Außerhalb der eigenen vier Wände fällt das natürlich noch viel schwerer. Dass sich Sorgen gemacht werden, ist dann ganz normal. Es sollte sich aber klar gemacht werden, dass die Kinder nun ihre eigene Verantwortung tragen. Und bei wichtigen Fragen werden die Eltern wohl immer der Ansprechpartner Nummer eins bleiben.

Die Unabhängigkeit beginnt bereits in der Jugend. Die Teenager fahren alleine in den Urlaub oder verdienen ihr eigenes Geld. Während sie noch zuhause wohnen, sind sie trotzdem ein präsenter Bestandteil unseres Lebens. Mit dem Wegziehen fällt diese Präsenz zuhause weg und hinterlässt ein Gefühl von Leere.

Die Zeit heilt alle Wunden

Wer am Empty-Nest-Syndrom leidet, sollte nicht in Panik verfallen. Wichtig ist es, die Gefühle zuzulassen. In Ruhe trauern und darüber reden hilft. Und nie vergessen, die Zeit heilt alle Wunden. 

Regelmäßiges Telefonieren und Chatten tut beiden gut, denn natürlich ist es auch für das Kind eine ungewohnte Situation ohne den täglichen Kontakt zu den Eltern zu sein. Oft wirkt sich die Trennung sogar postitiv auf die Eltern-Kind Bezihung aus und es entsteht eine ganz besondere, intensive Freundschaft.

Und auch wenn es in den ersten Monaten vielleicht schwer fällt, das nun unbewohnte Kinderzimmer zu betreten, könnte ein Jahr später genau dort ein Fitnessraum oder eine Yoga-Oase entstehen. Die Eltern werden neue Lebensinhalte finden, die sie erfüllen und glücklich machen.

Sind die Gefühle der Trauer und der Leere so stark, dass sie sich zu einem depressiven Stimmungsbild entwickeln, sollten Selbsthilfegruppen aufgesucht werden oder mit einem Therapeuten gesprochen werden. Auch das offene Reden mit dem Partner ist wichtig, damit die Beziehung nicht in Mitleidenschaft gerät.

Ablenkung ist das A und O

Ob mit Freunden treffen, essen gehen, verreisen, renovieren oder zum Sport gehen. Es ist wichtig so viele schöne Momente wie möglich in den Alltag zu integrieren. Auch wenn die Laune bedrückt ist, heißt es aufraffen und vor die Tür gehen. Nach einem schönen Gespräch mit der Freundin oder einer intensiven Sporteinheit steigt das Stimmungsbarometer mit Sicherheit.

Und noch ein tröstender Gedanke zum Schluss: Ein leeres Nest bedeutet auch, dass das Vögelchen jetzt fliegen lernt.