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Immer noch werden vielen Kindern die Mandeln entfernt. Hat das jetzt doch langfristige Risiken?

​Mandel-OP bei Kindern: Mehr Schaden als Nutzen?

„Die Mandeln müssen raus!“ Ist eine Empfelhung vieler Ärzte, wenn sich ein Kind häufig mit Halsinfektionen und Mittelohrentzündungen rumschlagen muss. Jetzt wurden die langfristigen Folgen und eventuelle Risiken untersucht.

Wenn ein Arzt von „häufig“ spricht, heißt das für Mediziner sieben Mal in einem Jahr oder je fünf Mal in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Daher sollte kein Grund zur Panik ausbrechen, wenn schon die zweite Mandelentzündung entsteht. 

Als Teil des Immunsystems sollten die Mandeln böswillige Erreger eigentlich erkennen und vernichten können. Allerdings können sie auch selbst schmerzhaft entzünden und allerlei Beschwerden verursachen, weswegen es nicht immer möglich ist, Erreger zu vernichten. 
Erstmals haben Forscher ein einer groß angelegten Studie untersucht, welche Langzweitfolgen die operative Entfernen der Mandeln bei Kindern unter zehn Jahren haben können. 

Die Untersuchung legt nahe, dass Kinder nach einer Entnahme der Mandeln in frühen Jahren ein lebenslänglich erhöhtes Risiko für Atemwegsinfektionen haben. 
Die Rede ist hierbei von Krankheiten wie Asthma, Lungenentzündung und chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen. Auch Nasennebenhöhlen und Halsentzündungen sind allerdings möglich. 
Die Folgen einer Mandel-OP wurden im Hinblick auf 28 Krankheiten analysiert. Dafür wurden die Daten von rund 1,2 Millionen Menschen bis zum 30. Lebensjahr untersucht. Alle Probanden hatten ihre Gaumen- und/oder Rachenmandeln vor dem zehnten Lebensjahr entfernt bekommen. 
Die Entfernung der Gaumenmandeln hatten dabei fast das dreifache Risiko bis zu ihrem 30. Lebensjahr an den Atemwegen zu erkranken. 
Die Entfernung der Rachenmandeln war mit einem doppelten Risiko für diese Krankheiten verbunden. 

Auch das Risiko für eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung war für die Patienten doppelt so hoch, wie für Menschen die ihre Mandeln erst (sehr) viel später entfernt bekommen haben. 

Der Grund für das erhöhte Infektionsrisiko könnte laut Experten darin liegen, dass die Mandeln nicht nur Erreger erkennen und bekämpfen, sondern dass sie auch eine Rolle bei der Entwicklung des Immunsystems spielen. 
Werden die Mandeln also in der Kindheit entfernt, bevor das Immunsystem vollständig ausgereift ist, könnte es dadurch möglicherweise zu lebenslangen Problemen kommen. 

Daher lautet die Empfehlung der Forscher: Den Nutzen und die (späteren) Risiken einer operativen Mandelentfernung genau abzuwägen und nicht vielleicht noch ein paar Jahre mit der Entfernung zu warten,