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Julia erzählt von ihrer Erfahrung mit dem Gentest

Brustkrebs in der Familie – Sollte ich einen Gentest machen?

Wenn Mutter, Oma oder Tante an Brustkrebs erkranken, macht man sich auch Gedanken um die eigene Gesundheit. Heutzutage gibt es die Möglichkeit auf erblich bedingten Brustkrebs, bzw. auf den Gendefekt, der ihn auslöst, zu testen. Die 25-jährige Julia aus Karlsruhe hat uns von ihrer Erfahrung mit dem Gentest erzählt.

Julia aus Karlsruhe hat die Entscheidung für sich getroffen, den Gentest zu machen. Im Interview erzählt sie von ihrer Erfahrung mit dem Ergebnis und der Entscheidung, sich die Brüste entfernen zu lassen.

Wieso kam ein Gentest für dich in Frage?
In der Vergangenheit hat es schon mehrere Fälle von Brustkrebs gegeben. Meine Oma hatte Brustkrebs, meine Tante ist sogar daran gestorben. Bei meiner Oma wurde der Gendefekt festgestellt, der für den erblich bedingten Brustkrebs verantwortlich ist.

Meine Cousine hatte daraufhin einen Gentest durchführen lassen. Von ihr habe ich davon mitbekommen. Die Chancen, dass man den Gendefekt  hat ist ja 50/50 – also habe ich mich dafür entscheiden. Denn wenn ich es weiß, kann ich auch etwas dagegen tun, und lebe nicht mit der ständigen Ungewissheit.

Was ist ein Gentest?
Der Test an sich war ganz unspektakulär. Als er gemacht wurde, war ich 20. Man bekommt einfach Blut abgenommen. Der Test wird auch nur gemacht, wenn tatsächlich ein Gendefekt in der Familie vorliegt. Drei bis vier Wochen später bekommt man dann das Ergebnis, sowie einen ausführlichen Bericht, aber die Erbgeschichte. Um sicher zu gehen, dass der Gendefekt definitiv vorliegt, wird zur Sicherheit nochmal eine Blutuntersuchung gemacht.

Was war das Ergebnis?
Das Ergebnis fiel positiv aus – ich habe also den Gendefekt, der zu Brustkrebs führen kann. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent, dass es irgendwann im Leben ausbricht.

Außerdem wurde noch eine erhöhtes Risiko auf Hautkrebs und eine etwa 50 Prozent hohe Wahrscheinlichkeit auf Eierstockkrebs, was oftmals mit Brustkrebs zusammenhängt. Wie Angelina Jolie also, nur nicht so reich und bekannt!

Wie fühlt man sich in diesem Moment?
Anfangs habe ich das nicht so wirklich realisiert. Es war nicht so schlimm, denn es war ja in diesem Moment nicht so, als hätte ich Brustkrebs. Mir ging es ja nicht schlecht und ich war gesund. Ich wollte mich dann einfach gut informieren, welche Möglichkeiten es jetzt gibt, um gegen das erhöhte Brustkrebs-Risiko vorzubeugen.

Welche Entscheidung hast du für dich getroffen?
Erstmal war ich für weitere Gespräche und Beratung mit Ärzten in der Uniklinik in Mannheim. Die Ärzte wollten ursprünglich noch keine sofortigen Maßnahmen treffen, weil ich noch so jung bin und noch so viel Zeit hätte, bis das Risiko so hoch wäre, dass etwas Ernstes passieren würde.

Früher oder später hätte ich die Wahl aber treffen müssen, bei einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit. Es gibt im Endeffekt also nur die Wahl: Das Brustgewebe abnehmen zu lassen, also eine Mastektomie durchführen zuführen zu lassen, oder regelmäßige Untersuchungen.

Es ist also egal, ob man es frühzeitig entdeckt oder später – die Behandlung muss dann sowieso erfolgen. Ich habe mich dazu entschieden das Brustgewebe komplett entfernen zu lassen und durch eine Brustrekonstruktion ‚neue Brüste‘ aus Silikon einsetzen zu lassen.

War die Entscheidung für dich sofort klar?
Für mich war die Entscheidung direkt klar. Dann muss ich mich jetzt damit auseinandersetzen und später habe ich meine Ruhe und muss mir keine Sorgen oder Gedanken mehr machen. Vielleicht würde ich in ein paar Jahren da sitzen und mir denken, dass es mich doch mehr belastet als erwartet. Vor allem wenn ich irgendwann eine Familie oder Kinder habe – dann mache ich mir sicherlich noch mehr Sorgen darüber als mit Anfang 20.

Wie sieht die ärztliche Beratung aus?
Nach dem Ergebnis des Gentests, wurde ich darüber beraten, welche Ärzte und Kliniken für weitere Schritte in Frage kommen. Weil ich mich für die OP entschieden habe, gab es dann einige Vorgespräche. Da wird man genau beraten, was während und nach der Operation passiert.

Man bekommt auch die Silikonkissen gezeigt, die bei der OP eingesetzt werden, damit man weiß was das ist und wie es sich anfühlt. Die Silikonimplantate werden so ausgesucht, dass sie gut zum Körper passen und auch ästhetisch aussehen. Es soll ja schließlich so aussehen wie vorher, oder sogar noch besser!

Die Ärzte wollen, dass man sich sicher fühlt in seiner Entscheidung. Ich hätte jederzeit sagen können, dass ich das doch nicht mehr machen möchte.

Wie läuft die Behandlung ab?
Das ganze erfolgt in einem Eingriff. Das komplette Brustgewebe wird entfernt und das Silikonkissen eingesetzt. Innerhalb von drei bis vier Stunden war ich auch schon wieder wach.

Die ersten Wochen nach der OP waren sehr unangenehm. Die Brüste waren sehr hart und sehr schmerzhaft. Ich konnte in den ersten Tagen selbst kaum laufen. Kurzzeitig war ich sogar an dem Punkt zu sagen: „Nehmt mir die Brüste wieder ab, ich will doch keine mehr haben!“

Das ist aber schnell wieder vergangen. Man muss am Anfang viel aufpassen, man kann nur Sport BHs tragen und muss einen Gurt mit Klettverschluss um die Brust tragen, damit alles gut gestützt ist.

Die Narben die nach der OP zurückgeblieben sind, sind etwas anders, als bei einer normalen Brustvergrößerung. Sie gehen nicht bis unter die Brust, sondern von außen seitlich in Richtung Brustwarze, und dann unten um die Brustwarze herum. Die wird nämlich heutzutage gar nicht mit entfernt. Die Narben stören mich aber überhaupt nicht. Ich habe auch noch nie eine negative Erfahrung damit gemacht.

Wie fühlst du jetzt? Bist du beruhigt?
Da ich von Anfang an nicht viele Ängste hatte zu dem Thema, hat sich nicht allzu viel geändert. Ich fühle mich aber schon beruhigter als vorher, zu wissen, dass das Risiko an Brustkrebs zu erkranken deutlich gesunken ist – nämlich von 80 Prozent auf nur 3 Prozent. Dadurch habe ich also sogar ein geringeres Risiko an Brustkrebs zu erkranken, als andere Frauen.

Was sagen deine Freunde und Familie dazu?
Ich spreche total offen darüber. Die meisten sind am Anfang total geschockt, wenn ich es ihnen erzähle. Ein Gendefekt und ein hohes Brustkrebs-Risiko hören sich für sie immer so schlimm. Aber das ist es in diesem Fall gar nicht. Ich beruhige dann immer alle. Ich hatte ja keinen Brustkrebs. Ich hatte nur die Schmerzen der OP und ich bin gesund. Es war also nichts Schlimmes.

Meine Freunde feiern sogar mittlerweile den Geburtstag von meinen Brüsten – dieses Jahr haben sie sogar Geschenke bekommen!

Was würdest du anderen Frauen in dieser Situation raten?
Ich würde grundsätzlich sagen, man sollte sich nicht so viele Gedanken machen, wenn man sich testen lässt. Dann weiß man wenigstens, ob man diesen Gendefekt hat oder nicht. Man kann etwas dagegen tun. Wenn man hadert, könnte man es im Nachhinein schwer bereuen. Dann weiß man, dass Schlimmeres auf einen zukommen könnte. Es macht meiner Meinung nach also keinen Sinn es nicht zu machen.

Auch Chefarzt der Gynäkologie Dr. Schelble vom SRH Brustzentrum in Sigmaringen hat mit uns über den Gentest gesprochen und für wen er geeignet ist. Das Interview in voller Länge, gibt es hier zu sehen.